Der Kulturhistoriker Aby Warburg (1866-1929) hat während des 1. Weltkrieges „Die heidnisch-antike Weissagung in Wort und Bild zu Luthers Zeiten“ untersucht und dabei folgendes geschrieben: „Die Furcht vor den wahrsagenden Naturwundern am Himmel und auf Erden, die ganz Europa teilte, wurde durch die Tagespresse in ihren Dienst genommen: war schon durch den Druck mit beweglichen Lettern der gelehrte Gedanke aviatisch geworden, so gewann jetzt durch die Bilddruckkunst auch die bildliche Vorstellung, deren Sprache noch dazu international verständlich war, Schwingen, und zwischen Norden und Süden jagten nun diese aufregenden ominösen Sturmvögel hin und her, während jede Partei versuchte, diese ,Schlagbilder‘ (wie man sagen könnte) der kosmologischen Sensation in den Dienst ihrer Sache zu stellen.“
Warburg wollte mit seiner Untersuchung von „Reformation, Magie und Astrologie“ sichtbar machen „Die Renaissance der dämonischen Antike im Zeitalter der deutschen Reformation“, quasi als Vorarbeit zu einem „fehlenden Handbuch ,Von der Unfreiheit des abergläubischen modernen Menschen‘“. Er stellte seinem Text zwei Zeilen aus Faust II voran: „Es ist ein altes Buch zu blättern: Vom Harz bis Hellas immer Vettern“.
„Luthers Zeiten“ waren auch die Zeiten des historischen Illusionisten Dr. Faust, und die Reformation appellierte an leseunkundige katholische Laien, die ihre Ängste in bildhaften Gleichnissen und Sinnbildern bewältigen mussten. Flugschriften von Sebastian Brant, Dürers Kupferstiche oder „Der Papslesel von Rom“ in einer Streitschrift von Luther und Melanchthon (1523) verlangten keine klerikalen Lateinkenntnisse. Für Halbgebildete genügten Schlagworte, für Analphabeten mündliche Überlieferungen, die nur so lange etwas bedeuten, wie sie erzählt werden, Mythen also.
Ernst Gombrich berichtet von einer Weissagung zu Luthers Geburtsdatum, in der die Vorlage eines assyrischen Textes aus dem 7. Jh. v. Chr. eine Rolle gespielt habe. Ein Wahrsagepriester habe seinem König eine günstige Prophezeiung aus der Geburt einer Sau mit acht Füßen und zwei Schwänzen gemacht. „Das Fortbestehen dieses Typus magischer Praktik über die Jahrhunderte hinweg,liegt an der zwingenden Notwendigkeit, für seltsame Ereignisse mythische Gründe zu finden“ (Gombrich 1981, 287). Das ändert nichts an der Feststellung vom „aviatisch“ gewordenen Gedanken und dem
Bestreben der Parteien, durch „Schlagbilder“ die „kosmologische Sensation in den Dienst ihrer Sache zu stellen“. Auch ist gut, daran zu erinnern, dass Gutenberg einen astronomischen Kalender und das Gedicht vom Weltgericht druckte und seine Kunst durchaus die Ängste und Hoffnungen seiner Zeit verbreitete, nicht nur das biblische Wort. Der bilderfeindliche Purismus war Gutenberg fern. Reformation und Gegenreformation sind nicht nur Kämpfe mit dem Wort, sondern auch mit Bildern gewesen, die jede Partei in den Dienst ihrer Sache stellte. Aus der Gegenreformation entwickelte der Katholizismus die plastische Bilderpracht des Barock, der Protestantismus die Hör-Künste seiner Kirchenmusik und des Wortes, ohne die Währung ihrer Hieroglyphen deshalb einzubüßen.
Die Grenze zwischen Wahrnehmung und Vorstellung verläuft, wo Bild und Sache identifiziert werden. Der Wahrsagepriester und sein Kaiser betreiben dieses magische Geschäft als Arbeitsteilung der politischen und der religiösen Hierarchie, indem sie geheime Zeichen, Hieroglyphen, austauschen, die nur schnäppchenweise über ermächtigte Interpreten von der Pyramide an die horizontale Basis offenbart werden dürfen, auf denen die Herrschaft ruht.
Der Rückgriff auf eine assyrische Weissagung im 7. Jahrhundert zu Luthers Zeiten war insofern nicht verwunderlich, weil ohne das Zusammenspiel von religiöser und politischer Hierarchie weder die genealogische Fortpflanzung von Machteliten über Jahrhunderte, noch institutionalisierter Transport kultischer Inhalte vorstellbar sind. Ein zu offenbarendes „Heiliges“, ein „hieron“, — Bekenntnis, Konfession, Fundament, Religion, Sitte, Glauben -stellt zum Blickfang Gebäude und Skulpturen auf und uniformiert die körperliche Erscheinung: Dort ein Kruzifix im Decollete, hier ein Davidstern im Ohrläppchen, ein Schleier oder ein Kopftuch, ein Ring in der Nase, von den Handelsmarken zu schweigen, die Statussymbole werden und auf ökonomische Hierarchien verweisen. Je zahlreicher die horizontalen Abgrenzungen von Machthierarchien, desto höher erstrecken sich ihre vertikalen Bilder in den Himmel.
Die Chefetagen sind oben. Dort sitzen die Kardinäle. Über dem Firmen-Papst dreht sich nur noch das Markenzeichen als leuchtender Globus, und wie die Medicis in ihren Anfängen aus ihren Wohntürmen die Nasen über den stinkenden Gassen von Florenz noch höher zogen, rümpfen ihre Nachfolger die ihren über das Gewimmel stinkiger Auspuffe zu ihren Füßen. Die „Liberty“-Statue
zu zerstören, war den Rivalen des amerikanischen Kapitalismus am 11. September 2001 nicht genug: Es mussten die Doppeltürme des Welthandelszentrums sein. Leider hatten die Geheimdienste des Präsidenten Bush die Zeichen der Zeit nicht verstanden.
Seit den kühnen Vorstößen mit Eiffels Turm und Gaudis Höhlen ins „neue Bauen“ öffnen sich die Gattungsgrenzen von Architektur, Skulptur und Malerei (Brüderlin 2004, 32), ohne die Auseinandersetzungen über Maß und Standortgrenzen zu mildem, wie eine Bürgerinitiative gegen Hochhäuser in der bayerischen Hauptstadt München 2004 gezeigt hat. Diese hätten den Blickfang der Frauenkirche vor dem Alpenpanorama gefährdet. Aus dem beliebten Motiv von Ansichtspostkarten hatten sich die darin abgebildeten Interessen gegen die Stadtregierung verbündet. Das Nebeneinander von Firmensilos und Kathedralen funktioniert, solange im Innern die Wechselboxen der geheimen Offenbarungen in die kleinen Münzen der Hieroglyphen, Beichtstuhl und Besprechungszimmer, eingebaut sind. Pillen und Zündhölzer entnimmt man Schachteln. Dass Bilder die Umwelt mit ihrem Leben mythologisieren, stellen alle Kulturen sich vor. Deshalb entzaubert Bildverlust die Lebensqualität ihrer Völker.
Aby Warburg litt, wie sein Biograph berichtet, von klein auf unter Angstanfällen. Als nervöses Kind einer reichen Familie durfte er „privatisieren“, d.h. seinen intellektuellen und künstlerischen Neigungen nachgehen, eine im Großbürgertum um 1900 nicht seltene Arbeitsteilung mit glücklichen und weniger rühmenswerten Ergebnissen. Die europäischen Universitäten hatten ihrer sozialen Klemme zwischen Dampfmaschine und Menschenrechten viel evolutionsfähiges Personal zu verdanken. Student Warburg, an Kunstgeschichte und Religionssoziologie interessiert, wurde auf den italienischen Systematiker, Tito Vignoli, gestoßen, der in „Mit e Scienzia“ (Mailand, 1887) versuchte, die in einer grundsätzlich bedrohlichen Welt unvermeidlich xenophobischen Ängste durch Rationalisierung ihrer Ursachen erträglich zu machen. Warburg übernahm davon drei Stufen. „Reine Wahrnehmung, das in sie projizierte Subjekt, und ein unbestimmtes, undeutliches Bewusstsein, das er „causale Virtualität“ nannte. Für den ängstlichen Warburg wurde die Festsetzung der Ursachen am wichtigsten. Zwar projizieren wir Leben in die Bilder, aber wir brauchen vor ihnen keine Angst zu haben. Sie halten Abstand, wir brauchen nicht davon zu laufen wie ein scheuendes Pferd (Gombrich, 98) vor einem flattemden Papier. Dass Bil-
der durchaus keinen Abstand halten müssen, nicht nur Pferde, sondern ganze Völker scheu machen können, erfuhr der Bildforscher am eigenen Leib schon bei den Vorbereitungen auf den Luther-Essay.
Im Gefolge von Darwin wies der polnische Staatsrechtler in Graz, Ludwik Gumplowicz, die gängigen Lehren angesichts der Kämpfe in der Habsburger Monarchie zurück unter Berufung auf Guizot, der behauptet hatte, dass es ohne fortwährenden Kampf durch verschiedenste Motive und Faktoren keine Staaten und in ihnen keine „Ordnung der Ungleichheit“ (Gumplowicz 1892, 13) gebe. Wenn der soziale Kampf der Normalzustand des Staates ist, geschieht, was sich aus den Machtverhältnissen der sozialen Gruppen und deren zivilisatorischen Ambitionen ergibt. Gumplowicz hielt die „soziologische Staatsidee“ für eine „zivilisatorische Aktion“, falls der Staat als oberster Friedensbewahrer, als Rechtserzeuger, als Richter, als Schützer und Verteidiger aller mit seinem Bestände nicht unvereinbaren Interessen der sozialen Kreise und Gruppen seiner Natur gemäß funktioniere. Dabei sei auch das scheinbar friedliche Gesetz nur der momentane Abschluss einer Periode des Kampfes und für die gegnerische Partei Anlass, sich zu neuem Kampf zu rüsten.
Gumplowicz‘ juristisches Modell verlangte nach Illustration, nach dem Leben, das der Student Warburg im Bild eingefangen sah. Da soziale Bewegungen auch die Bilder in Bewegung setzen müssen, wird „Ursachensetzung“ großen Umfangs in den fortlaufenden Konflikten der großen und kleinen Gruppen nötig, denen sie mit ihren Demonstrationen „ins Auge“ gingen. „Die Menschenrechte des Auges“ (Hofmann/Syamken/Warnke Hrsg, 1980) verlangten Einlass in die „zivilisatorische Aktion“ des imperialen Europa, das mit architektonischen Großbauten, Bahnhöfen, Stadthallen, Fabriken um Fabriken, in neuen Künsten und Wissenschaften den Reichtum hierarchisch zu verarbeiten suchte, der ihm durch Kolonisation und Ausbeutung zugefallen war. Aber die Aktionäre handelten nach innerstaatlichen Gruppenkämpfen, noch die gesamteuropäische Bewegung der „Art Nouveau“ verriet nationale Präferenzen (Greenhalg, Paul Hrsg. 2000) für das zugrunde liegende ideale Bild kapitalistischer Konkurrenz. Schon sah ein Altersgefährte Warburgs, der Berliner Nationalökonom, Werner Sombart, ein „neues Stadium des Kapitalismus“ aus der Verbindung des „Bankgewerbes und der Elektrizitätsgesellschaften“ heraufkommen (Sombart 1903, 364 ff.). Die Bildreklame des deutsch-britischen Flottenwettlaufes war nicht zu ignorieren. Als „Sturmvögel“ kreuzten die ersten Luftschiffe über das Reich, Boulevardblätter und Nachrichtenagenturen beschleunigten den Nachrichtenausstoß, Überseekabel den Börsen-
und Militärverkehr. Sprachliche Verkürzungen zwangen zu bildhaftem Ausdrücken. Sie beschleunigten die Umgangsformen, wie die Feuilletons schnell bemerkten, gemütliche Bindungen hinter sich zurück lassend, selber gezwungen, sich möglichst kurz zu fassen. Überleben hierarchischer Bräuche als Zeitfrage? Das Kartellwesen tendiert zur Vertrustung amerikanischen Stils, beschleunigt Produktionsverbund und verringert die Lohnkosten, kalkulierte Sombart.
Warburg forschte und schrieb über die abergläubischen Menschen zu Luthers Zeiten. Er hätte genau so viel Material, wenn nicht mehr, in der eigenen Zeit finden können, als die religiösen und politischen Archien, vielseitig miteinander verfilzt und verschwägert, sich gegenseitig zugrunde richteten. Nicht einmal die höchste Autorität, Papst Benedikt XV, vermochte 1915 dem „mörderischen Treiben“ Einhalt zu gebieten. 70 Milllionen Mann unter Waffen, am Ende 10 Millionen davon tot, 20 Millionen invalide, zu schweigen von den verhungerten und durch Seuchen dahingerafften Zivilpersonen. Der Fall der Lutherischen Reformation, ihrer Humanisten, Widersacher, Parteigänger und der anarchistischen Bauern war vergleichsweise einfach. Die Mächte der osmanischen, russischen, habsburgischen, hohenzollerischen Dynastien überlebten den Wittenberger
Augustinermönch, und kein deutscher Lyriker hat, wie der neuromantische Hermann Hesse, Luthers wegen den „Untergang Europas“ in asiatischer Fremdherrschaft durch „die Brüder Karamasoff“ fürchten müssen.
Der Erkenntnisvorstoß des Augustinermönchs erfolgte innerhalb der katholischen Hierarchie, gedeckt von der politischen Gewalt des Kurfürsten von Sachsen, der ihm Geleit und Wachmänner lieh und ihm ermöglichte, die Bibel in das „Deutsche“, wörtlich in die gesprochenen Dialekte der gemeinen Leute, zu übersetzen, die des Lateinischen nicht mächtig waren.
Deutsch reduzierte als Schriftsprache die Machtfülle des Klerus als „Erbteil Gottes“. Sie hatte sich seit dem 2. Jahrhundert herausgebildet mit monarchischem Papst, mit Bischöfen, Presbytern, Diakonen und Subdiakonen den Laien gegenüber. Der Student Luther fand in Erfurt 90 Kirchen und Kapellen vor, als er von 1505-1508 dort studierte. Das Stadtbild überragte der Dom, an dem von 1154 bis 1476 gebaut worden war, neben ihm, auf demselben Hügel, die Severinkirche und auf dem Petersberg die Reste der gleichnamigen
Kirche von 724. Unterhalb ein Palais des Landesherrn „von Gottes Gnaden“, eingebunden in die politische Hierarchie des Römischen Reiches.
Die Architektur war nicht zu übersehen, nicht die Malerei, nicht die Plastik, nicht die Druckerzeugnisse, die, mit beweglichen Metalllettern seit 1445 hergestellt, rasch Absatz fanden. Unter Mitwirkung des Kalligraphen Peter Schören und umstrittener Unterstützung des Finanzmanns Johann Fast öffneten sie einen europäischen Markt. Revolutionär auch die Erfindung des Drucks von Kupferstichen für den philosophischen Diskurs der Scholastik — was ist oder sein kann, was ein Gedankending, was ein „evens in se“ ohne Träger. Unmöglich, reale Architektur und Plastik als bildnerische Mächte darin zu übersehen. Weit über die hierarchischen Deutungen hinaus Renaissance und Reformation in einem Atemzug zu nennen, hat den Sinn, die populäre Erweiterung über hieratische Schriften hinaus zu treiben und dabei neue Hierarchien zu organisieren.
Die Rolle Luthers ist dabei gar nicht zu überschätzen: Der Süden führte im zivilisatorischen Prozess durch seine Nähe zum Orient bis nach Indien, dessen Symbolschatz über den Nahen Osten, Byzanz und Rom Europa bestimmte. Ohne die arabischen Vor-
sprünge in Mathematik und Naturwissenschaften hätten die italienischen Kaufleute den bargeldlosen Verkehr des „Giro“ nicht erfinden können, die Finanzdynastien sich nicht in den Klerus einzukaufen vermocht. Dagegen der derbe, untersetzte Mönch, der gegen den Ablasshandel vorging fast wie der Anarchist aus Nazareth, der die Geldwechsler aus dem Tempel vertrieben hatte, ein Mann, der dem „Volk aufs Maul schaute“ und das Gehörte zur Sprache brachte, zwei Dutzend Choräle erfand und sie selber singen konnte, dabei ein konservativer Zuchtmeister, der die unterdrückten Bauern bis an den Rand der Revolution brachte, die das ganze Unrecht im ewigen Konflikt der weltlichen Hierarchien genealogisch fortgepflanzten Machtverhaltens mit der ebenso habgierigen Pfaffenwirtschaft ausgebrannt hätte. Luther verstand, die Aufständischen im Zaun zu halten. Er hat damit die Revolution verhindert, weshalb man seinen Anteil an den Gegenrevolutionen in Betracht ziehen muss, die aus Hunderten von Duodezherren und Amtswaltern die Kleinstaaterei der Deutschen befestigte, die bis heute nachwirkt.
Zum 25. September 1555 einigten sich die katholischen und protestantischen Stände mit dem römischen König Ferdinand auf einem Reichstag zu Augsburg, um durch eine politische Zwischen-
lösung die Glaubensspaltung wenigstens juristisch erträglich zu machen. Die Augsburger feiern das Ereignis noch heute als Fest, denn der Kompromiss hat unter dem anfängliehen Prinzip, dass die religiöse Zugehörigkeit der Territorialbürger sich nach der Religion ihrer Landesherren richten sollen, funktioniert. Zwar steht den Bürgern heute eine „Freistellung ihrer Religion“ grundrechtlich zu. Es gibt keinen „Religionsbann“ mehr; aber die politischen Landkarten der Bundesländer zeigen im Wahlverhalten wie in allen Kulturgeschäften, ob eine katholische oder eine protestantische Überlieferung regiert. „Konfessioneller Föderalismus“ kann in Bildungs- und Migrationsfragen zu Auseinandersetzungen führen, die das Maß laizistischer Verfassungen überschreiten. Das klassische Beispiel ist Kants Konflikt mit der preußischen Staatszensur über Glaubens- und Religionsfreiheit 1793 im Streit der philosophischen und theologischen Fakultäten. Im Alltag des 21. Jahrhunderts spielt der Proporz in Spitzenpositionen unter den Konfessionen eine Rolle. Das Problem muss sich nach Erweiterung der EU horizontal und vertikal verstärken, wie schon der „Kopftuchstreit“ um den religiösen Blickfang muslimischer Lehrerinnen und das Kruzifix in staatlichen Amtsräumen gezeigt haben.
In den fünf Jahrhunderten, die seit den frühen Bilddrucken vergangen sind, hat das Bild mit neuen Techniken der Herstellung auch neue Qualitäten angenommen. Lithographie, Photographie, Film und Video, Fernsehen, Digitalisierung der Aufnahme- und Übertragungstechniken haben unser symbolisches Universum verändert. Das bewegliche Bild vermittelt ganz andere Sensationen als die Flugblätter, die Warburg als „Sturmvögel“ bezeichnete. Das Fernsehen funkt andere „Sturmvögel“ in jedes Haus. Es nimmt uns den Abstand. Sprachlos starrt der seiner Beweglichkeit beraubte Zuschauer ins bewegte Bild. Er kann nicht fliehen. Nur ein Knopfdruck ist ihm erlaubt. Sind das dieselben Kinder, die keinen Moment stillsitzen können? Dieselben Erwachsenen, die keinen Dialog aushalten? Sie sind Gebannte durch Elektro-Magie. „Wo der Blick, dort das Wesen“ (Bodenheimer 2001). Gleichwohl hängt die Bilderschwemme von der Sprache ab. Wort und Schrift waren nötig, sie zu erfinden. Wort und Schrift sind die Grundlagen der elektronischen Bildproduktion. In Wort und Schrift verebbt die Bilderflut, wenn sie der Nachkritik unterzogen wird und wenn das Bewegende der Bilder an
andere vermittelt werden soll, die den Moment der Bewegung verpasst haben, oder die nicht das Gerät besitzen, das ermöglicht, den Ablauf zu wiederholen. Hieroglyphen beginnen mit Zeichen von Ähnlichem und führen hinauf zur Abstraktion „Eingeweihter“.
Warburg nahm an, die „Sprache der Bilder“ sei international verständlich. International „verständlich“ sind aber nur solche Bildelemente, die Einordnung in schon Geschehenes ermöglichen: Ein Mensch liegt am Boden und blutet, ein Auto fahrt vor, zwei Männer begrüßen sich, ein Paar trennt sich. Das Deja vu kann auf Teilerlebnissen beruhen, aber auch auf schon gesehenen Bildern. Bildanordnungstest, Bildergänzungstest und Zusammensetzproben der Kinderpsychologen greifen auf kulturspezifische Bildervorräte zurück. Diese Vorräte sind begrenzt. Märchen, science fiction und die modischen Ungeheuer können als illusionäre Umdeutungen auf den Speichervorrat an bekannten Gestalten nicht verzichten und wirken dadurch oft unfreiwillig als Karikaturen. US-Präsident Bush kommt als Pilot verkleidet auf einem Flugzeugträger nieder, dagegen die Folterfotos von „Abu Graib“. „Mission erfüllt!“ — wann, wo, wie?
Außer ihrem Gestaltvorrat macht die Zuordnung der Präsentation „des Pudels Kern“ verständlich. Sie öffnet das Geheimnis der Hieroglyphen. Warburgs Sturmvögel sind in Hamburg an der Unterelbe jedem Kind geläufig. Das Sprachbild, die Metapher „Sturmvogel“, kann also im Norden besser verstanden werden als im Süden, und Warburg lässt sie ja auch von Norden nach Süden jagen und nicht umgekehrt – obschon zu Luthers Zeiten zunächst die großen Druckereien im Süden waren. Neben dem Gestaltvorrat entscheidet der ebenfalls auf Anschaulichkeit basierende Wortvorrat über die Verständlichkeit von Bildern. Hierzu hat Napoleons Vorstoß nach Ägypten eine ganze Wissenschaft ins Brot gesetzt. Warburgs „Handbuch“ scheint nur langsam voran zu kommen (Mongardini, Carlo Hrsg. 1983).
Es kommt ein Drittes hinzu. Der Tendenz, Bildverstehen durch Zusammensetzen und Ergänzung zu lehren, tritt die Tendenz entgegen, die „simultane, integrale Präsentation“, wie Susanne Langer (1940) den bildlichen Symbolismus definiert hat, in ihre Teile zu zerlegen, um zu verstehen, was das Ganze bedeutet. Wie ein „Monogramm Christi“ aus dem 5. Jahrhundert sprachliche Deutung brauchte, so auch die „Schlagbilder“ unseres Alltags. Sie bestehen nicht aus abgestempelten Passfotos, deren Stimmigkeit amtlich be-
urkundet ist, sondern aus lauter unbeglaubigten Präsentationen, die irgendwelche Interessenten loslassen, damit schnell „etwas rüberkommt“, was in Wort und Sprache zu viel Zeit beanspruchen würde und vielleicht in seiner Begründung sprachlich nicht so ohne weiteres begreiflich zu machen wäre. Bilder sind immer Abkürzungen. Sie geben in der Plazierung der Elemente auf einem vorgegebenen Rechteck, innen-außen, oben-unten, links-rechts Kürzel von Tempelanweisungen hierarchischer Auguren, die dem Betrachter nicht bewusst zu sein brauchen. Machte er sich diese bewusst, könnte er das Bild anders sehen.
Im Ersten Weltkrieg 1914-1918 wurden 70 Millionen Mann mobilisiert. Von ihnen waren am Ende 10 Millionen tot, 20 Millionen Invaliden. Die Verluste der Zivilbevölkerungen durch Geburtenausfall wurden bei den Mittelmächten auf 4 Millionen geschätzt, und 700 000 starben durch Hunger, Seuchen und infolge militärischer Einwirkungen (Johann, Ernst Hrsg. 1968). Der gleichzeitige Untergang politisch und religiös verbundener Hierarchien traumatisierte die Überlebenden. Wer sammelte sie ein, wenn nicht die Überleben-
den selber? Xenophobische Ängste dirigierten in den Friedensverhandlungen des Ersten Weltkrieges Sieger wie Besiegte. Der konservative Chefredakteur des Londoner „Observer“, James Garvin, nannte das Ergebnis 1919 zurecht einen „Frieden mit Drachenzähnen“. Bei den Deutschen kam zu territorialen Verlusten die Enteignung der staatstragenden Bourgeoisie durch Geldentwertung bis 1923.
In diesem Syndrom von Verlust und Angst verstärkte sich die jahrhundertealte christliche Diffamierung der Juden, sichtbar in den skulpturellen Darstellungen der „Judensau“ seit dem 13. Jahrhundert an den Domen zu Colmar und Metz, Brandenburg, Magdeburg, Köln und Regensburg, über die bildlichen Konfrontationen von lieblicher Ecclesia und Synagoge mit verbundenen Augen, Judenhut und gelbem Fleck zur persönlichen Überwachung als Reichsrecht bis ins 18. Jahrhundert. Gelb allemal zur Erniedrigung, denn es war im Mittelalter die Farbe der Prostituierten und der unlauteren Existenzen. Es leuchtet ein, dass die Nachkommen derer, die über die Jahrhunderte solche Skulpturen in ihren liturgischen Übungen vor sich gesehen hatten, nach Warburgs „Ursachensetzung“ nicht zu fragen brauchten. Die Karikaturen des
politischen Antisemitismus glichen den bekannten Vorbildern des christlichen Antijudaismus (Breuer/Graetz 1996 Bd. 1).
Hitlers Sprache in seiner antisemitischen Programmschrift „Mein Kampf“ (Bd. 1 1925, Eine Abrechnung) wimmelt denn auch folgerichtig von Ausdriicken des „religiösen Feldes“ (Bourdieu, dt. 2000) wie „sehnsuchtsvoller Wunsch“, „das innerlich vor Augen Schwebende“, „Verkünder“, „Bannerträger der Sehnsucht“, „Erscheinung“, „Die Leidgequälten und Friedlosen“. „Jede Propaganda“, schreibt er, „hat volkstümlich zu sein und ihr geistiges Niveau einzustellen nach der Aufnahmefähigkeit des Beschränktesten unter denen, an die sie sich zu richten gedenkt.“ Und: „Sie hat sich ewig nur an die Masse zu richten!“ Gegen den „sündigen“ deutschen Objektivitätsfimmel versammelte der gewesene „Bildungsoffizier“ der republikanischen Reichswehr, Hitler, eine „Truppe mit Mythos“ (Ernst Bloch 1925), die den „germanischen Staat deutscher Nation“ verwirklichen sollte: Hitler hatte aus der Kriegspropaganda gelernt, subjektiv eindeutige Stellungnahmen ins Bild zu setzen: „Was würde man zum Beispiel über ein Plakat sagen, das eine neue Seife anpreisen soll, dabei jedoch auch andere Seifen als ,gut‘ bezeichnet?“ (Hitler, 1925, 200)
Die analytische Deutung von Bildern heißt Ikonologie. Bedeutende Köpfe haben sie im 20. Jahrhundert wissenschaftlich gefördert; aber das früheren Jahrhunderten alltagsnotwendige Deutenkönnen ist in der Schwemme der Weltkriege abhanden gekommen. Wir sind weit davon entfernt, die Bewertung zu erkennen, die Bilder durch ihren Aufbau unserem Verständnis vorgeben. Schulische Intelligenztests zielen gewöhnlich auf Ergänzen vorhandener Elemente, nicht aufs Zerteilen. Es ergeben sich natürlich auch andere Intelligenzen und Intelligenzwerte, je nach dem, ob das Zusammensetzen oder das Zerlegen das Spielchen gewinnt. Solange wir Bilder „nur“ anschauen, ohne ihre Machtart zu durchschauen, wird wohl auch das Handbuch „Von der Unfreiheit des abergläubischen modernen Menschen“ nicht erscheinen, das Warburg am Ende des Ersten Weltkrieges vermisste.
„Wer schreiben kann, der kann auch lesen“, schrieb der Kommunikationstheoretiker Vilem Flusser 1983: „Aber wer knipsen kann, muss nicht auch unbedingt Fotos entziffern können“. Flussers Kritik gilt erst recht für Laufbilder. Fotos galten von ihren Anfängen bis zur Digitalisierung als authentische Abbilder (Schneider/Grebe Hg 2004). Wer Videos produziert oder sich Filme am
Fernsehgerät anschaut, braucht nicht notwendig diese Bilder zu verstehen. Es gibt eine Lücke, ein „cultural lag“ (Ogbuni/Nimkoff 1947) zwischen der Medientechnik und den Sehgewohnheiten. Deshalb ist es auch falsch, dass der Staat die Interessen der Gerätehersteller fördert, ohne in seinen Grundschulen die Kunst des Sehens zu lehren, die intelligenten Umgang mit Medien ermöglichen könnte. Die staatliche Kommunikationspolitik ist insofern gegenaufklärerisch, als sie die Mittel seelisch-geistiger Manipulation vermehrt, aber so gut wie nichts tut, um die Einzelnen instand zu setzen, dieser Manipulation zu begegnen.
Der damalige deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt hat zu Weihnachten 1983 in der Zeit beklagt, dass „die Medien“ Angst verbreiten. Das ist noch immer wahr. Die Angst kommt aber aus verschiedenen Ereignissen außerhalb der Medien und nur teilweise durch ihre Präsentation. Ursache und Mitteilung sind zweierlei. Publizistik übersetzt Abläufe von Ereignissen in medienspezifische Zeichensysteme. Beängstigende Politik produziert Ängste, indem sie Einzelnen die Unklarheit des Wissens und die Unsicherheit des Könnens täglich und stündlich vor Augen führt. Sie verweist auf Widerspräche zwischen Sein und Sollen. Was wäre denn heute Ermutigendes zu berichten, das die Kräfte der Selbstverantwortung und die Suche nach Identität der Einzelnen stärken könnte?
Der desolate Zustand der Weltpolitik weckt Ängste, die zu ignorieren nicht ohne weiteres ratsam wäre. Angst hat auch etwas mit Vor-sicht zu tun, mit Sich-nicht-für-dumm-verkaufen-lassen, mit Flucht nicht nur, sondern auch mit Schutz, Abwehr, Gegenangriff. Wir leben in einem Krieg der politischen und der Weltreligionen auf vielen zerstreuten Schauplätzen. Die Todfeindschaft von Katholiken und Protestanten in Nord-Irland, der israelisch-moslemische Krieg um Land, Wasser und „Heilige Stätten“ in Palästina, der gegen amerikanische-britische Aggression im Irak und der islamistischer Hierodulen gegen westliche Zivilisation, — sie alle wurden nicht von „den Medien“ gemacht. Wir müssen Angst haben, dass es zu einem Krieg aller gegen alle kommt; aber es ist klar, dass jede Partei, ganz wie zu Luthers Zeiten, die Medien in den Dienst ihrer Sache stellt, so wie es die Amerikaner mit ihrer zensierten Kriegsberichterstattung tun und AI Kaida mit Videobotschaften arabische Fernsehsender und das Internet benutzt. Wir müssen leider auch feststellen, dass Europa und Amerika in 500 Jahren nicht vermocht haben, die „Schlagbilder“, Warburgs „aufregende Sturmvögel“, ihres magischen Charakters zu entkleiden. Wir haben nicht geübt, die „Schlag-
bilder“ als solche zu sehen. Vom elektronischen Blitz getroffen, hocken wir in der Höhle, Gewitter in der Seele. Da ist ein Loch in der Rationalität unserer perfektionierten Mitteilungssysteme, und durch dieses Loch fallen Ansätze zur Vernunft immer wieder ins Halbdunkel unbegriffener Ängste zurück. Die sogenannte „Informations-Gesellschaft“ gerät zur Gesellschaft seelischer Deformation.
Der tägliche Rückfall ins mythische Dunkel ist zum Teil der Bequemlichkeit eines Publikums anzulasten, das Bild und Sache nicht unterscheiden will. Bild und Sache zu trennen, strengt an. Man muss nachdenken. Man kann sich nicht in dem kitschigen Zustand von Rührung ohne Betroffenheit suhlen, der so angenehm ist, weil völlig unverbindlich. Indolenz ist stärker als Liebe und Hass. Die Ratio mit ihren ewigen Trennungen, Distanzierungen und Unterscheidungen ist unbequem. Den Gedanken nur nicht an sich herankommen zu lassen, macht das Leben bequem. Die Grenzscheide zwischen Vorstellung und Wahrnehmung aufheben, verwischt die Grenzen von Wunsch und Erfüllung. Das Bewusstsein trübt sich ein. Bilder auf sich wirken lassen und sich „keine Gedanken machen„.
Die Trübung der Einzelnen nutzen die Hierarchien der Propaganda und der Werbung. Die multinationale Unterhaltungsindustrie beutet sie aus. Die Geschäfte laufen gut. Wenn die Ölvorräte längst erschöpft sein werden, kann die Medienindustrie aus den unerschöpflichen Quellen emotionaler Defizite ewige Profite machen. Wissensdurst ist schnell gestillt, Gefühlshunger schnell geweckt.
Derlei Manipulationen zielen auf das Unbewusste und schüren damit unbewusste Ängste. Die Kriegs- und damit die Rüstungspropaganda spielt mit der Todesangst, indem sie Bedrohung verkündet, „Kampf gegen den Terror“ visualisiert und die Unklarheit unseres Wissens über die wahren Ziele ausnützt. Omnipotente Werbung für Konsumgüter schürt die Angst vor Statusverlusten, die Angst vor sozialer Aussonderung überhaupt, die intimen Ängste, nicht sauber genug zu sein und schlecht zu riechen, die Angst vor Privation, die Angst vor sexualem Versagen, die Angst vor dem Nichts auf Raten sozusagen. Die Angst vor Verlust und die Unsicherheit des Könnens nützt das Showbusiness weidlich aus. Es zehrt ganz allgemein von emotionalen Defiziten. Weit verbreitete Depression füllt die Kassen. Das ist 2005 nicht anders als um 1905 und vollzieht sich in den gleichen Klischees, wie in der Arbeitslosig-
keit von 1930. Das Spiel mit kleinen und großen Ängsten ist ein altes Erfolgsrezept des Films. Angst ist immer im Spiel, angefangen von der Angst, sich lächerlich zu machen und ihrer Kompensation durch Schadenfreude über die Verfolgungsängste in den Vorabendserien, die immer wieder und ausgiebig strapazierte Trennungsangst, die aus dem Zuschauer den Voyeur herauskitzelt bis zu den futuristischen Katastrophenszenarios Hollywoods, die gelegentlich von der Wirklichkeit eingeholt werden wie im Fall des Seebebens im indischen Ozean. In der Regel löst das Kino die Ängste am Ende wieder auf, damit die Leute wiederkommen; aber die Bilder „müssen“ brutaler und „spannender“ werden, um ein zunehmend neurotisiertes Publikum in „Quote“ umzumünzen. Sie steigt mit den sozialen Nöten.
Es ist eine offene Frage, wie lange unter der Flut von Wahnvorstellungen und Halluzinationen zur täglichen Unterhaltung die übrigen geistigen Funktionen „normal“ bleiben können. Man weiß,
dass paranoide Zustände zu psychopathischen Erscheinungen überleiten; aber vielleicht sind diese schon „normal“, wie die unbefangene Selbsteinschätzung als „Fan“ (sprich voll aus: „Fanatiker“) ja andeutet. Auch Abkürzungen sind symptomatisch.
Die Manipulation geschieht durch Musik, Bild und Wort; sie wäre aber weniger affektiv, wenn wir gelernt hätten, Elemente der Bilder eben als Mache zu erkennen, statt uns vom Ganzen erregen zu lassen. Sie schiene weniger bedrohlich, wenn wir geübt wären, die bildliche Spekulation auf unsere defizitären Zustände gedanklich zu durchdringen. Wenn wir Distanz zurück gewönnen, deren Verlust Warburg beklagt hat…
Was man „Entängstigung“ der Bilderwelt nennen könnte, wäre ein bewusster Schritt zu jener freien weltlichen Bildung, die zu Luthers Zeiten Erasmus, Reuchlin und andere Humanisten vor sich gesehen haben. „Daß wir die Bücher auch verstahn; Wohlauf, s’ist Zeit, wie müssen dran!“ reimte Ulrich von Hütten. Jetzt müssen wir an die Bilder dran! Dem stehen aber rituelle Schwierigkeiten entgegen. Die Tempi der elektronischen Präsentationen bestimmen das kalendarische Ritual fast aller Religionen. Die Psychologin und
Kommunikationswissenschaftlerin Hertha Sturm hat (2000) immer wieder moniert, dass im Fernsehen oft die „Halbsekunde“ fehlt, die der Mensch braucht, um einen Eindruck innerlich für sich zu benennen, ihn zu „verbalisieren“.
Sturms Appell „für eine zuschauerfreundliche Mediendramaturgie“ verstößt aber gegen das eherne Gesetz der Signalökonomie, in immer kürzerer Zeit mehr Menschen über weitere Räume mit ihren Botschaften zu erreichen als die Konkurrenz — ganz egal, ob diese Mitteilungen die Wahrnehmungskapazität des Empfangenden respektieren oder nicht (Pross 1996). Umso besser, wenn sie nicht zum Bewusstsein kommen, sondern unbewusst Bilder aufnehmen, sagen die Macher – besser also für die Trusts von Unterhaltung und Reklame, schlechter für die Rezipienten, also die Vielen, die das alles bezahlen sollen. Sie zahlen Geld in den Topf der „selbstverschuldeten Unmündigkeit“, den agile Patchworker mit dem Flickwerk des Hierarchischen attraktiv machen. Sie bezahlen vor allem anderen aber mit ihrer unwiederbringlichen Lebenszeit, die sie vor fremdbestimmten Programmen verbringen.
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