Von Göttern, Helden, Dämonen einer neuen Welt ist die Rede. Sie geht in Spruch und Widerspruch hin und her über alle Kanäle der öffentlichen Mitteilung und in kleinen privaten Gruppen. Manche sprechen nur von der Zukunft, die begonnen habe wie vor fünfzig Jahren das Atomzeitalter. Andere verkünden das Aus für das halbe Jahrtausend der Druckerpresse seit Gutenberg.
Dieser Vergleich ist besonders beliebt, weil im 450. Todesjahr des Reformators Martin Luther dessen Bibelübersetzung und Gutenbergs Druckkunst als nationale Einheit gedacht werden können. Ein Hauch von Abschied liegt über beiden Namen und der nationalen Bedeutung, die sie für die Sprache und die Technik gehabt haben. Das Druckgewerbe breitete sich von Deutschland aus, und seine Technik hat die zerstreuten kleinen Gruppen, die wie das Volk sprachen, nicht lateinisch, allmählich zu Gemeinsamkeiten des Lesens und Schreibens veranlaßt. Gleich zu sprechen, haben sie dabei bis heute nicht gelernt.
Die aktuelle Rede geht darüber hinweg. Sie läßt die alte Erzählung hinter sich. Sie geht nicht mehr um Luthers Fabeln und Gutenbergs Druck mit beweglichen Lettern, sondern um elektronische Signalanlagen und englische Gebrauchsanweisungen.
Elektronik verwendet elektrischen Strom — von dem ja jedes Kind weiß, daß er aus der Steckdose kommt —, um Licht- und Schallwellen, Rechner und andere technische Prozesse zu steuern. Datenverarbeitung und Datenschutz sind politisch-ökonomische Alltagsthemen, elektronische Musik macht Freizeiten munter.
In den Gebrauchsanweisungen überlagert die englische Sprache alle anderen. Sie liefert den Zugang zur neuen Technik, weil sie die Sprache des Welthandels ist und seit dem Beginn des internationalen Funkverkehrs in der drahtlosen Telegraphie seit 1889 auch dessen Sprache. Beides zusammen, das Verfügen über die Signalsysteme und die Sprache, die ihre Bedeutungen transportiert, fabriziert den Mythos von der neuen Welt.
Wären wir unbefangen und nicht in seine Äußerungen verknotet, könnten wir den Mythos etwa so vereinfachen: »Die Eingeborenen des kalifornischen Silicon Valley haben das Kriegsbeil ausgegraben. Sie wollen das globale Dorf erobern, das andere Nordamerikaner um ihren Marshall McLuhan einst entdeckt haben. Das war zu Zeiten des Kalten Krieges, und dessen Ende war nicht abzusehen. In Vietnam holten sich die USA blutige Nasen, und überall in den Industrieländern ging unzufriedene Jugend auf die Straßen. So erklär-
ten McLuhan und Q.Fiore, das Medium, die technische Signalanlage, sei Massage für die Angeschlossenen, »Seelen-massage«.
Darüber sind ca. dreißig Jahre vergangen; aber Wissenschaft und Forschung blieben nicht stehen. Sie haben elektronische Steuerungsanlagen technisch perfektioniert, wie das kaum jemand erwarten konnte. Wenn aber neue Techniken den alten überlegen sind, schaffen sie neue Bedürfnisse. Damit beginnt, nicht genau datierbar, der zweite Teil unserer Legende. Sie handelt von der Vernetzung der elektronischen Anlagen.
Was ist ein Netz? »The net«? Das Wort kommt als Fischernetz in vielen Sprachen vor und bedeutet Verknüpfungen von Fasern, mit denen man etwas an Land ziehen kann, wenn es sich darin verfangen hat. In »Wegenetzen« verlangt sich das Land; »Straßennetze« verstädtern es dann. Sprachforscher führen »Netz« bis zum lateinischen Wort für Knoten zurück. Die Elektroniker, die auszogen, ihre Datenverarbeitungsmaschinen (Computer) zu vernetzen, verknoten also zuerst und ausschließlich die Besitzer anderer Rechner, die technisch mit ihren zusammenpassen, »kompatibel« sind. Vereinfacht gesagt, ein Steckdosenproblem, das ja im elektrifizierten Europa bis heute nicht gelöst ist.
Wenn aber die technischen Signalanlagen verknüpft sind, kann der Austausch von Botschaften beginnen und damit die Seelenmassage. Natürlich macht auch die tief unter die Haut gehende Massage noch kein Dorf aus dem Globus mit seinen 5,7 Milliarden Menschen, die nach UNO-Statistik (1994) 22 Weltreligionen in 262 Ländern angehören; aber auch die Verbreitung des Buchdrucks über die Welt und die des Funkverkehrs haben Wirkungen gezeigt. Kulturen bilden und verändern sich über ihre Verkehrsbedingungen. Sie reichen so weit wie ihre Verständigungsmittel. Das elektronische Netz, das jetzt gesponnen wird, überwindet globale Entfernungen in Blitzesschnelle. Beschleunigung verändert die Lebenspraxis aller anderen Kommunikationen, welche die menschliche Lebenszeit vernetzen. Was die mehr oder minder Beteiligten daraus machen werden, steht in Frage.
»Digitalisierung ist angesagt« lese ich in einer Zeitung, »Die Medien an der Epochenschwelle« in einer anderen. Eine dritte rühmt die allgemeine Mobilmachung bisher stationärer Fernmeldeeinrichtungen: Das alte Feldtelefon hat sich über das Funktelefon soweit entwickelt, daß es über Zusatzgeräte erlaubt, Faxe zu verschicken, sie zu empfangen und sich an globale Computernetze an-
zuschließen. Alle scheinen es eilig zu haben, sich selber vernetzen zu lassen, um überall und jederzeit ihre Mit- und Gegenmenschen zu erreichen und für sie zugänglich zu sein. Nichts mehr zu enthüllen? Oder ist im Gegenteil — wie der pfiffige Psychologe Abraham Moles sagte — mit keinem verbunden, wer mit allen verbunden ist?Der französische Urbanist Paul Virilio hatte für die technisch perfektionierte Eilfertigkeit kaum die Metapher vom »rasenden Stillstand« gefunden, schon meldete sich der amerikanische Pädagoge Neil Postman mit der frohen Botschaft, Übersättigung löse kein Problem. Seine Warnung entspringt dem amerikanischen Alptraum, der expandierende Markt könnte an Übersättigung zugrunde gehen: »Wir sind versucht zu glauben, wenn etwas gut ist, dann muß mehr davon besser sein. Das stimmt aber nicht.«
Daß es nicht stimmt, zeigt der Augenschein der amerikanischen Verelendung immer breiterer Unterschichten bei immer größerem Reichtum der Oberklasse. 1993 soll der Spitzenmanager des ABC-Disney-Konzerns 200 Millionen Dollar in der Lohntüte gehabt haben, während der »white trash«, der »weiße Müll«, wie die Südstaatler ihre weiße Unterklasse zu nennen belieben, zusehends verelendet. »Wenn der Reiche zu fallen droht, helfen ihm seine
Freunde auf, wenn der Arme fallt, so stoßen ihn auch seine Freunde zu Boden.« Jesus Sirach hat sich weithin im gegenwärtigen Rassenkampf der schwarzen und weißen Armut bestätigt. Doch begeistern sich noch beide Hautfarben am gemeinsamen Fetisch, dem Nationalhelden Mickymaus. Er entsprang vor sieben Jahrzehnten der Trickfilmkiste und hat sich als überaus anpassungsfähig erwiesen. ABC-Disney ist nach Time-Warner der zweitgrößte Medienkonzern der Welt, und die Maus lehrt brav das Disney-ABC.
Postman läßt Ökonomie fraglos stehen und räsonniert, ob wir die Technik kontrollieren oder sie uns. Dieses Rätsel ist ziemlich alt. Schon der Satiriker Karl Kraus fand im Ersten Weltkrieg, die Entwicklung der Technik führe zur Wehrlosigkeit vor der Technik. Die augenblickliche Eilfertigkeit, sich ihr anzupassen, läßt sich ebenso deuten. Marxens »automatisches System der Maschinerie« läuft auf vollen Touren. Der Kulturpessimismus der Jahrhundertwende ist nach Auschwitz und Hiroshima nicht mehr als ästhetisches Urteil abzutun. Der Dichter Hermann Hesse hatte wohl recht, als er 1946 den Größenwahn der Technik und den des Nationalismus in einem Atemzug als »Geisteskrankheiten« denunzierte. Aber auch wenn die Verbreitung atomarer, bakteriologischer und chemischer
Waffen nicht über der Menschheit hinge wie die Gewalt des Schießpulvers seit 1200, und der fabrikmäßige Massenmord mittels Knopfdruck nicht über die Welt gekommen wäre, bliebe doch etwas vom Zweifel des politischen Ökonomen John Stuart Mill übrig, ob alle bisherigen technischen Erfindungen die Tageslast auch nur eines Menschen erleichtert haben.
Die Antwort hängt davon ab, was unter »Tageslast« und »erleichtern« zu verstehen sei. Darüber wird keine Einigung zu erzielen sein, weil »innen« und »außen« auf ewig getrennt bleiben. Kein Mensch kann aus seiner Haut fahren, wohin er auch reist. Ob er sich in die elektronische Illusion von Cyberspace versetzt oder das »globale Dorf« mit der Seele sucht, wie die alten Deutschen das »Land der Griechen«, bleibt sich gleich. Mill stellte die peinliche Frage nach der »Tageslast« 1848, als seine Kollegen, Karl Marx und Friedrich Engels, prognostizierten, die Bourgeoisie »reiße« mit »unendlich erleichterten Kommunikationen« auch die barbarischsten Nationen in die Zivilisation. In Europa setzte damals eine revolutionäre Welle die Ausbrüche des 18. Jahrhunderts fort. Der liberale Mill und die Sozialisten Marx und Engels urteilten von der industriellen Vormacht, England, her.
Heutige Kritiker versuchen, global zu denken, weil die Revolution inzwischen den Erdball umkreist hat. Über Satelliten wird sie minütlich in ihre europäisch-amerikanischen Herkunftsländer zurückgefunkt: Nordostbrasilien, Zentralafrika, Tschetschenien, Kurdistan. Der Klassenkampf einheimischer Proletarier richtet sich gegen die Ärmsten der Armen, Obdachlose, Behinderte und Asylsuchende, die mißhandelt und seit 1980 gelegentlich auch verbrannt werden. Paupertas mordet.
Europas behagliche Zeiten, in denen nur die materielle Ausbeute der Welt hier ankam, sind seit 1914 dahin. Vielleicht räkelten sich Europas Nationen noch heute in ihrem Stolz, hätten ihre Kaiser und Könige widerstanden, das Wohl ihrer Reiche zu mehren und das Mehr auch für das Bessere zu halten?
Müßige Spekulation. Aus dem Ersten ging der Zweite Weltkrieg hervor. Wie schon Kriege der Antike in einer Serie weiter auf anderen Schauplätzen unter anderen Namen weitertobten, so zählt man 160 Kriege in einem halben Jahrhundert, ohne absehbares Ende, weil die Besiegten von heute morgen Sieger sein wollen. Die mexikanischen Indios und die Ureinwohner Australiens melden, daß sie in der Zivilisation angekommen sind und gleiche Rechte beanspruchen, die ihnen vorenthalten wurden: Aufnahme ins ohnmächtige Parlament der Völker, die UNO.
Tragen die Aufbegehrenden ihre »Tageslast« leichter, weil ihr Regime sie zur Kasse bittet, um den Status zu beweisen, mit dem es Staat macht? Das sind zu allererst Militär- und Verkehrsmittel: Radio- und Fernsehstationen als streng kontrollierte, oft militärisch dirigierte Zeichengeber, die den Mehrheiten zeigen, wo es langgeht Staatskarossen mit Blaulicht, womöglich eine Airline und eine Flotte alter Dampfer unter eigener Billigflagge. Nationalmannschaften, um im internationalen Spielregister vertreten zu sein, das die Seelen »massiert«, wenn dem Magen Brot fehlen sollte. Insofern erleichtern die »erleichterten Kommunikationen« das Regieren. Mit ihrer Hilfe überlagern behende Kleingruppen »die träge Masse«. »Will man Schweres bewältigen, muß man es sich leicht machen« lautet eine Anweisung von Brecht. Er verstand sich auf Regie.
Insofern brauchen die überlagernden Kleingruppen der »Kulturflüchter« der sogenannten Dritten Welt nichts dringlicher als die Kommunikationsmittel der »Ersten Welt«, die ihrerseits als »Kulturfolger« die »Dritte« überlagert. Die Missionare von heute kommen nicht mehr auf Segelschiffen einhergefahren, um die Heiden zum rechten Glauben zu bekehren, und »schwer mit den Schätzen des Orients beladen« wieder nach Hause zu segeln. Las Casas vor
Karl V. Sie kommen überhaupt nicht leibhaftig, sondern abstrakt über Computerverbund, Radiogeräte und Bildschirm. Diese technischen Geräte anzuschaffen und massenhaft zu verbreiten, liegt mithin im Interesse der lokal und konkret anwesenden herrschenden Minderheiten.
Wie verträgt sich der globale mit dem lokalen Aspekt dieser Entwicklung? Wie die makrosoziologische weltweite Vernetzung mit dem mikropsychologischen Vorgang des Seelenhaushalts einzelner, da doch Weltfrieden, Landfrieden, Hausfrieden und Seelenfrieden über die Antennen der Sinne miteinander verbunden sind, wo doch die Körperlichkeit unteilbar für sich bleibt? Friedensfreunde können sich heute weltweit verständigen; aber die Folter ihrer Feinde quält jeden einzeln. Das ist die Botschaft der Verfolgten, die Menschenrechtsorganisationen fast täglich an alle richten, SOS.
Angenommen, jede Kultur wird durch die Art und Weise bestimmt:, wie die Menschen miteinander umgehen und mit ihrer natürlichen Umwelt zurechtkommen, stellt das Mediennetz kultursoziologische Fragen.
Medien sind wahrnehmbare Signale, die Bedeutungen transportieren, hinweisende, zuweisende, anweisende, abweisende Zeichen geben, nicht zuletzt Zeichen für »innere« Werte. Diese nennt man Symbole. Über ihre Zeichenvorräte teilen die Menschen ihre Arbeit, jeder einzelne, wenn er seine persönliche »Ordnung« schafft, die Kollektive, indem sie die einzelnen zu der ihr eigenen nötigen. Jede Kultur gründet auf Arbeitsteilung. Deshalb ist zu fragen, was »das Mediennetz« für die Kulturen bedeutet.
Kulturhistorische Untersuchungen folgen gewöhnlich der vorgefundenen Einheit von Arbeitsteilung und Zeichengebung, indem sie von Jäger-, Sammler-, Bauern-, Bürger-, Arbeiter- und noch anderen Kulturen sprechen. Die bürgerliche Literatur hat den Begriff auf den Bereich der Zeichengebung verengt und unter »Kultur« nur noch Religion, Kunst, Literatur, Wissenschaft verstanden. Man hat den Gesamtaspekt einzelnen Disziplinen überlassen, wie der Ethnologie und Anthropologie. »Hochkulturen« datieren in dieser Perspektive mit dem Auftauchen der Schrift bei den Sumerern vor 5000 Jahren. Auch deshalb löst das heutige Vordringen der zeitlich früheren optischen Darstellungsweisen des Bildes die Angst-Lust der Schlittenfahrt in niedrigere Kulturregionen aus.
Vermutlich wird die Forschung sie beruhigen können, indem sie die Anfange des Lesens klärt, das ja etymologisch vom Auflesen von Runenstäbchen und Spurenverfolgen hergeleitet wird, vom Sammeln also. Im globalen Verkehr ist nicht die Schrift, sondern die Vielzahl der Schriften zum Alltagsproblem geworden. Sinnbildliche Vereinheitlichung mit unmißverständlichem Verweis auf Personen, Gegenstände und Vorgänge soll es lösen. »Erleichterte Kommunikationen« erfordern simple Zeichen. Der digitale Code der Finger (lat. digitus) von 1 bis 10 wird einer darzustellenden Größe zugeordnet, hauptsächlich durch Ziffern (0 bis 9), also Ziffern und Buchstaben (alphanumerisch) und Zeichenpaare, die sich infolge ihrer Vereinfachung auf nur zwei Elemente als »Binärzeichen« besonders praktisch für Rechenanlagen erweisen.
Wenn überall Arbeitszeit sein kann, ist auch überall Arbeitsplatz für die vernetzten. Wer nicht im Netz ist, bleibt dann, wie es Umgangssprachlich heißt, »außen vor«. »Innen« und »außen« sind räumliche Begriffe von soziologischen Dimensionen. Im Zeitalter erleichterter Kommunikationen erweitern sie ihre Inhalte. Zuhause elektronisch arbeiten, heißt, dem Arbeitgeber den Aufwand fürs Büro einzusparen. Die Mobilisierung der Intensivwirtschaft
entläßt die Produktivkräfte auf die Straße oder in ihre vier Wände. Wer jetzt mitspielen will, muß sich sein Laptop, Mobiltelefon mit Fax, Modem selber anschaffen und für die Anschlüsse an Netze bezahlen, er muß seinen »Arbeitsplatz« also selbst finanzieren.
Da sitzen sie dann in den S-Bahnen und Intercity-Zügen, tippen ein, geben Faksimiles ab, speichern und gewinnen Zeit, indem sie ihre Abhängigkeit vom Zeittakt verstärken, den sie beschleunigen. Abhängigkeit vom Takt der Maschine, d.h. Fließbandarbeit, war stationär. Die Reisepresse, die der Lithograph Aloys Sennefelder bis 1816 entwickelte, um die Nachteile der schwergewichtigen Kriegsdruckereien in den Napoleonischen Feldzügen zu beseitigen, war wenig größer als die spätere Reiseschreibmaschine; aber sie war nicht vernetzt. Ihre Produkte, Abbildungen, Formulare, Befehle, Rechnungen wurden durch Boten verteilt. Das erforderte zusätzliche Arbeitskräfte und war ebenso unökonomisch wie die Briefzustellung durch Einsammler, Verteiler und Austräger. Das ist passe.
Das Wechselverhältnis zur Umwelt erfindet neue Techniken, vernachlässigt alte, verändert ihren Wert, geizt jedoch, sie gänzlich aufzugeben, kombiniert neue und alte, überläßt Bewährtes dem Verfall und schlägt neue Usancen vor — der sowjetische Diktator
Stalin nannte Dichter »Ingenieure der Seele«. Gleich waghalsig könnten Ingenieure als Seelen der Dichter apostrophiert werden, soweit sie physisch wahrnehmbar machen, was zum Dichten anregt. Stalin meinte wohl den »Ingenieur« im ursprünglichen Wortsinn als »Kriegsbaumeister«, der einen Plan im Kopf hat, etwas Zweckdienliches herzustellen; doch auch die von Stalin beschworenen Dichter haben etwas im Kopf, im emotionalen und/oder rationalen Sektor des Gehirns, etwas, das Mitteilung bezweckt, etwas bedeuten soll.
Geht das zu weit? Was im Innern vorgeht, zählt weder beim Ingenieur noch beim Dichter, ingeniöse Leute beide; aber was »herauskommt« an Kunst, Fertigkeit, Verfahren, Wissenschaft kommt mittels Signalen, die andere Menschen wahrnehmen können. Dabei deuten sie, ob es sie angeht oder nicht.
Datenautobahn, Cyberspace, Internet, Computer, Multimedia, DigitaIisieren. Worte, die uns wie Brocken um die Köpfe fliegen, von unbekannten Baumeistern geworfen. »Medienseiten« und »Computerseiten« der Tageszeitungen vermitteln das neue ABC, etwa so: »Angetrieben durch neue 150 Mhz-Intel Pentium Pro Prozessoren, empfiehlt sich der PC 360 auf aufwendige Multimedia-,
Video- und Graphik-Anwendungen. Die Basis-Version hat eine 1,2 GB-Festplatte, 16 MB-Hauptspeicher und ein CD-ROM-Lauwerk mit sechsfacher Zugriffsgeschwindigkeit. Bei einem der Modelle bilden der Fast-20- SCSI-Adapter und die Festplatte ein optimiertes Gespann für aufwendige mathematisch-statistische Modell-rechnungen, wie etwa im Finanzwesen. Die 64 Bit Matrox MGA Millennium-Graphikkarte unterstützt True Color DTP-Anwendungen und eignet sich zur Bildbearbeitung sowie zum Abspielen von MPEG Video Clips. Der Rechner, der mit IBM OS/2 Warp Connect ausgeliefert wird, kostet 9061 Mark.« — Das wird wohl noch billiger…
Wie viele der etwa 402.655 Leser der Süddeutschen Zeitung (Zimpel, 1/96) etwas damit anfangen können, wird die Redaktion wohl mit dem Computer ausgerechnet haben. Daß der Text in der Tageszeitung steht, ist weit interessanter denn er soll in die tägliche Umgangssprache eine neue Kombination von Zeichen einfuhren, die für bestimmte Geräte stehen. Die technische Neuerung, entwickelt in einem technisch-industriellen Kodex — einer Zusammenstellung sprachlicher und nichtsprachlicher Signale mit vereinbarten Bedeutungen — soll allgemein bekannt werden. Was vorher als
Betriebsgeheimnis verschleiert worden ist wie das Rezept zur Coca-Cola-Produktion, kommt nun als Marke auf den Markt, definiert durch Zuordnungen zu anderen Zeichen. Sie chiffrieren den Stand industrieller Entwicklung.
Was signalisiert wird von dem, was intern bleibt, im Kopf des Ingenieurs oder nach Beschluß der zensierten Geschäftsleitung, weiß der Zeitungsleser nicht Er kann sich nur an die Signale halten, die ihn erreichen, und er vernimmt die Codewärter von des Geistes neuen Kleidern, ein neues Alphabet »Multimedia« ist ein Sammelbegriff und heißt nichts anderes als »viele Medien« aus lateinisch »multus« = »viel« und »medium« = »Mittel, Mittler, Mittelglied«, also viele Mittler von sprachlichen, bildlichen, lautlichen, gestischen und mimischen Zeichen.
»Cyberspace« wurde von dem Science-fiction-Autor William Gibson beschrieben als ein Computernetz, in das sich jedermann hineinbegeben kann, um in dieser künstlich erzeugten Welt neue Erfahrungen zu machen. »space« heißt auf englisch »Raum«, vom lateinischen »spatium«, mit dem das deutsche »spät« etwas zu tun hat. »Cyber« ist von der griechischen »Kybernetike« für »Steuermannskunst« hergeleitet, die als Wissenschaft der Informationsverarbeitung zur Steuerung von Prozessen mit mathematischen Me-
thoden von Norbert Wiener 1948 so benannt wurde. In vielen Disziplinen angewendet, verbreitet sie die Hoffnung zu einem gemeinsamen Verständnis von Regelungen zu kommen, die auch »Cyberspace« nährt.
»Internet«, zu deutsch »Zwischennetz« vom lateinischen »inter« = »zwischen« ist aus der elektronischen Vernetzung von vier amerikanischen Militärcomputerstationen (»Arpanet«, 1969) entstanden, die interne Netzwerke von Universitäten und Forschungseinrichtungen (»Intranet«) zum Datenaustausch benutzen durften. Diese Institutionen finanzierten ihre Computer-»Knoten« zum Einwählen ins Netz (»Domain«) selber. So braucht die Gesamtorganisation des Netzes keine internationale Institution. Wer Interesse hat, »zwischensein« will, kann kostenlos intervenieren, sobald er Zugang zu einem kostenpflichtig registrierten »Knoten« des Netzes hat. Großer Jubel und Gerätemangel in Universitäten, wo Studenten Institutsanschlüsse privatisieren, die der Steuerzahler finanziert hat. Sie sparen die Maklergebühren eines »Providers« (»Beschaffers«), der ihnen über seinen Knoten (Anschaffungskosten im Jahre 1996 etwa DM 50.000) Zugang zum Netz verschafft. Sie unterhalten sich global und können noch als potentielle Kunden die farbigen »Homepages« (»Lokalseiten«) bewundern, die im Rahmen der
»Nationalen Informations Infrastuktur« (NII) die Anbieter jeglicher Art ins »World Wide Web« (»Weltweites Gewebe«) bringen, weil sie weiter sichtbar sind als Plakatwände an Autostraßen, die in vielen Staaten die Aussicht auf die Gegend verstellen. Im WWW finden Wissenschaftler auch benötigte Querverweise, unverzichtbar wie eh und je. Behörden und Banken favorisieren Internetanschlüsse, weil sie Personal- und Bürokosten sparen, wenn Bürger sich von zu Hause aus kundig machen, statt die Schalter zu belagern. Ein offensichtlicher Vorteil der Signalökonomie — Zeitersparnis und die mit ihr verbundene Ambivalenz von bezahlter und unbezahlter Arbeit. Darauf zielen auch staatlich und kommunal geförderte »Bürgernetze«, die einmal eingerichtet, der Steuerung dienen können.
Wie die Wissenschaft, die immer dem Buch gehört hat, wie die Bücher ihr, sich im Internet zurechtfinden wird, bleibt abzuwarten; aber die Handelssprache Englisch ist auch die Wissenschaftssprache und das Überangebot an gedruckten Texten ein Problem nicht erst des Internet. Nicht wenige von ihnen sind überholt, noch ehe sie in Fachorganen erscheinen, und oft können sie nicht erscheinen, weil Druckkostenzuschüsse kaum zu erlangen sind. Jedoch enden Beschleunigung und Visualisierung auch via WWB dort, wo sie im
Zeitalter der Geisterbeschwörung und der so beliebten Dia-Vorlesung angekommen sind: im psycho-physischen Zustand der Beteiligten und deren Beziehungsnetz. Hier wird auch entschieden, ob man sich seine »E-mail«-Adresse (elektronisch übermittelte Briefe) aufs T-Shirt drucken läßt, oder Bedenken hat, seine Arbeitsergebnisse im Internet allgemein zugänglich zu lagern. Die Konkurrenz schläft auch unter Wissenschaftlern nicht »In« ist noch nicht, wer im WWW vorkommt. Das ist noch anders als bei der Fernsehprominenz.
Was ich hier das »neue ABC« genannt habe, erscheint im alten Alphabet nicht nur um des Buchstabierens willen, das die Gesellschaften konstituiert, sondern auch der Veranschaulichung zuliebe. Worte wie »Laufwerk«, »Zugriff«, »Hauptspeicher«, »Geschwindigkeit«, »Modell«, gar »Gespann« vermitteln uns Vorstellungen von Konkretheit angesichts abstrakter Prozeduren. Definiert man »abstrakt« als Abziehen eines einzelnen vom »Konkreten«, Zusammengewachsenen, so entspricht die Übertragung dem Bild am Gerät, das die Funktionsvorschrift an den Benutzer weitergibt, ohne die technische Funktion zu erklären.
Der neue Code muß erlernt, doch nicht verstanden werden. Benutzer von Technik brauchen sie nicht zu begreifen. Knopfdruck ge-
nügt. Er erspart Verständnis. Es ist auch nicht wichtig zu wissen, warum das so ist. Deshalb auch der Witz vom Strom, der »aus der Steckdose« kommt. Er veranschaulicht die Abhängigkeit der Codes von den jeweiligen personalen Bedingungen in der Arbeitsteilung. Auf ihr gründet Kultur: Der »Laie« braucht nicht zu verstehen, was der »Fachmann« wissen muß. So lautet die Regel; aber die Grenzen der Codes sind in den jeweiligen Anwendungsbereichen fließend. Diese verändern sich mit der Marktlage. »Benutzer-freundliche« Geräte heißen solche, die keinerlei »Wissenschaft« erfordern und mit einer schlichten Gebrauchsanweisung in Alltagssprache auskommen.
Andere erfordern schon eine Art Studium ihrer Gebrauchsanweisungen mit unbekannten Graphemen. Studieren kostet Lebenszeit im voraus. Solche Geräte sind also unökonomisch im Sinne der Signalökonomie und für Haushaltung, Verwaltung, Wirtschaft weniger attraktiv. Fertiggerichte verkaufen sich leichter als Kochbücher. Ökonomie will Arbeit verringern. Einen neuen Code zu erlernen, vermehrt sie. Das heißt natürlich nicht, daß neue Techniken neue Arbeitsplätze »schaffen«; täten sie es, wären sie, aufs Ganze gesehen, sinnlos. Sie schaffen andere Arbeitsplätze, die auf der Vor-
leistung von Lebenszeiten vergeben werden. Deren Inhaber zwingt sie, auf eigene Kosten der Modellpolitik der Gerätehersteller zu gehorchen, um auf dem neuesten Stand der Ökonomie zu bleiben. Das gelingt schon der weltweit subventionierten Landwirtschaft nicht, und im Signalbereich kann »that astonishing microchip« alle Kalkulationen über den Haufen werfen; abgesehen davon, daß ein großer Häuptling vom Stamm der Silicon Valley Indianer sich von ein paar 100 Millionen Arbeitslosen wenig beeindruckt zeigt, weil die sowieso nichts anschaffen. Einstweilen wird das Mediennetz engmaschiger von Angebot zu Angebot, damit immer kleinere Fische sich darin verfangen: Kinderprogramme, Spielzeugcomputer, Pubertätsvideos und andere Auffänger verspielter Energien. Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik in elektronischer Krabbenfischerei.
Verliefe die Datenautobahn in dieser Richtung, würde sie nicht in die Apokalypse führen, sondern »nur« die Ausbeutung der Menschen durch Menschen verlängern und sie bei einer Erdbevölkerung von bald 6 Milliarden Menschen beschleunigen. Einzelne Aufstände der Habenichtse, die das 19./20. Jahrhundert unter historischer Legitimation durch den römischen Spartacus, die deutschen Bauern, die holländischen Geussen und viele andere praktiziert
haben, sind nicht auszuschließen; aber sie werden um den Besitz von Radiostationen, Computernetzen und anderen Steuerungs-mitteln gehen, weil diese die Macht der Habenden begründen.
Sie sind nicht nur für alle Zwecke der Bewirtschaftung von Mehrheiten durch Minderheiten unentbehrlich geworden, sondern auch um die Rechtsinstitutionen und das lädierte Gewaltmonopol der Staaten zu retten. Stichwort Datenbanken, die Angaben über Personen und Sachen abrufbar halten, und Datenschutz vor Mißbrauch; Computer-Narren, wie die amerikanischen Friedensforscher Tofler & Tofler, schrieben nach dem »sauberen« Golfkrieg von 1990, elektronische Medien könnten sogar den Waffengebrauch verhindern. Das machte die unbekannte Zahl getöteter Frauen und Kinder nicht wieder lebendig und verhinderte auch nicht die jugoslawische Tragödie.
Wir nehmen an, die Weltrevolution tritt in ein neues Stadium ein, wenn alle Verkehrsmittel, einschließlich der des Zeichentransportes chronometrisch auf kleinste Zeitspannen miteinander vernetzt sind. Das hat es noch nicht gegeben. Zwar rührt der Stau auf den Autobahnen von den überlieferten Kalendervorgaben und deren jahres- und tageszeitlichen Ritualisierungen her und ist als zeitbedingtes Gedränge auch im Computernetz nichts Neues. Selbst die
Umschreibung von Geld über Girokassen, das die Italiener der Welt im 14.-16. Jahrhundert schmackhaft gemacht haben, ist durch die neuen elektronischen Techniken nicht im Kern verändert. Sie beschleunigen den Vorgang und sparen bezahltes Personal ein. Die Arbeitsleistung wird auf den Kunden verlagert, der die Bank entlastet, indem er ihr seine Arbeit unentgeltlich überläßt. Das gleicht dem Verfahren des »Selbstbedienungsmarktes«, dem die unentgeltliche Arbeit der Hausfrauen zugute kommt.
Welche Konsequenzen scheinen aus den »neuen« Zeitrechnungen absehbar? Man kann, erstens auf die Selbstregulierung des Marktes setzen, weil der ökonomische Faktor im Spiel ist, bei der Haushaltselektronik sogar im ursprünglichen griechischen Sinn der Ökonomia, der Haushaltskunst. Der »Fast Food«-Mode könnte die »Slow Food«-Mode folgen. Die Freizeitindustrie könnte die Minderung bezahlter Arbeit vermarkten. »Hobbyköche« schlagen der Vernetzung ein Schnippchen, indem sie stundenlang mit zweifelhaften Erfolgen unentgoItene Küchenarbeit verrichten. Kleingruppen vor Ort wirken dem unüberschaubar gewordenen Netzangebot entgegen, wiederum unentgolten, aber konsumfördernd. Das ökologische Image soll die ökonomische Vernetzung überdecken.
Zweitens wären die Staaten in Betracht zu ziehen. Ihre Staatsgebiete schrumpfen durch den revolutionären Verkehrsanfall zu Start- und Landeplätzen. Ihre Gewaltmonopole sind gefährdet und damit die jeweils eigenen Moralvorstellungen. Der Pädagoge Postman sagte in dem zitierten Interview der Zürcher Weltwoche (23. 11. 1995), die Europäer müßten von dem schlechten Beispiel der Nordamerikaner lernen, bei denen VorschuIkinder 5.000 Stunden ferngesehen haben, ehe sie in die erste Schulklasse kommen. Können die Europäer sich wehren? Schließlich beherrschen die Amerikaner den Fernsehmarkt. Ihre Regierung tut alles, um diese Macht zu verstärken, weil jede Herrschaft so weit reicht wie ihre Kommunikationsmittel.
Drittens wäre nach einem durchgehenden Prinzip zu fragen, auf das die Rechtsinstitutionen des Staates wie die Mächte der Bewirtschaftung und nicht zuletzt des symbolischen Universums der Religionen, Künste, Wissenschaften, Literaturen, der Sprachen und Musik angewiesen sind.
Ich nenne es »Signalökonomie«. Signalökonomie teilt die Techniken der Mitteilung — Medien — zweckentsprechend ein, um mit möglichst geringem Aufwand an organischer Lebenszeit möglichst viele andere Lebewesen in kürzester Zeit auf weiteste Räume
zu erreichen: Durch die Besetzung fremder Lebenszeit spart der vom Naturwissenschaftler Carl Linne vor zweieinhalb Jahrhunderten erfundene »Homo sapiens« eigene Lebenszeit Er versucht als »animal symbolicum« (Ernst Cassirer, 1920) seine angeborenen Mängel zu kompensieren, indem er sein Bezeichnungsvermögen der Wirtschaftlichkeit seiner inneren Organe entsprechend anwendet. Ob ihm das gelingt, oder ob ihm verwehrt ist, sich mit der jeweiligen Umwelt so auseinanderzusetzen, daß sein Organismus keinen Schaden nimmt, entscheidet nicht nur über das Subjekt, das sich in dieser Auseinandersetzung bildet, sondern auch über die Gruppe von Subjekten, die sich aus den Wechselbeziehungen ergibt.
In der Signalgebung treffen Gegensätze aufeinander und bilden sich emotionale Gemeinsamkeiten, noch ehe ihre rationale Bedeutung erkannt ist, weil sinnliche Wahrnehmung sie kontrolliert: Zu nah — zu fern, zu laut — zu leise, zu stark — zu schwach, zu hoch — zu tief, und die von räumlichen Wahrnehmungen übertragenen zeitlichen Zensuren: zu schnell — zu langsam, zu früh — zu spät, zu lang — zu kurz. Sie sind durch physiologische Vorgaben bestimmt und in deren Grenzen relativ zu den verschiedensten Situationen der Organismen.
Von Buschtrommel und Rauchsignal bis zum Cyberspace hat eine Vielzahl von Signaltechniken ganz verschiedene Wahrnehmungsvoraussetzungen geschaffen. Sie können mit Bedeutungen gefüllt werden, um zu verhindern, daß nicht nichts sei. »Unsere Natur ist in der Bewegung, völlige Ruhe ist der Tod.« So Blaise Pascal, und im Anschluß daran: »Beklagt sich ein Soldat oder ein Arbeiter usw. über die Mühen, die sie haben, so lasse man sie gar nichts tun.« (Pensées, 129, 130)
Ob »die Datenautobahn« als Sackgasse endet, ist weniger eine Frage ihrer ubiquitären Technik als der Qualitäten, die da »gefahren« werden. Die technische Informationstheorie mißt »Informationsmengen« entsprechend einer Binärziffer 0 (Bit = binary digit). Aber die Menge ist sozial nur eine von vielen Qualitäten, und jede aktiviert sich im Kontrast. Vermutlich teilt sich die Menschheit noch eine Weile in eine unter sich vernetzte Minderheit und eine Mehrheit, die sich im Netz nicht oder nur marginal bestätigt, aber die Direktiven. die sie dabei assoziiert, nicht kennt. Unbewußt verstrickt sich der Einzelne in ein Symbolnetz, das Ernst Cassirer in An Essay on Man als das verknotete Gewebe menschlicher Erfahrung beschrieb:
»Jeder menschliche Fortschritt im Denken und in der Erfahrung verfeinert und verstärkt dieses Netz … Sogar im Praktischen lebt der Mensch nicht in einer Welt harter Tatsachen … Er lebt vielmehr inmitten eingebildeter Affekte, in Hoffnungen und Ängsten, in Illusionen und Desillusionen, in seinen Phantasien und Träumen.«
Die Situation mag insofern der vor hundert Jahren vergleichbar sein, als die europäische Mehrheit auch keine Ahnung hatte, was im Morsecode nur mit Punkt, Strich und Pausenzeichen verschlüsselt, über ihre Lebenszeit entschieden wurde. Oder ahnte sie es doch? Die sozial-religiöse, künstlerische, literarische Unruhe in ihrem »semiotischen Umfeld« könnte ebenso gedeutet werden, wie das politische Gefühl heraufziehender Krisen um 1900 und die Zweifel der Wissenschaften an sich selbst.
Wie heute war Lebensreform die Parole. Diesen Vergleich anzuführen, steht der vorliegende Essay nicht an. Sein Thema ist die Signalökonomie in Kultur, Politik und Wirtschaft.